KolumneMy own private time with River Phoenix

My own private time with River Phoenix

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Gestern hat mich ein Freund gefragt, welches die ersten Filme waren, die mich wirklich beeindruckt haben. Ich habe angenommen, ich bräuchte einige Zeit zum Nachdenken, aber ein Film poppte sofort in meinen Kopf: “My own private Idaho”, ein Roadmovie aus dem Jahr 1991. Dieser Film war tatsächlich der erste, der mir keine glattgebügelten Gesichter und eine vorhersehbare, bequeme Story präsentierte.

‚My own private Idaho‘ mit River Phoenix und Keanu Reeves (Warner Bros.)

Erzählt wird die Geschichte von Mike Waters, gespielt von River Phoenix und dessen Freund Scott Favor (Keanu Reeves). Scott ist Sohn eines Bürgermeisters, Mike ein Straßenjunge. Beide verdienen sich aus unterschiedlichen Gründen ihr Geld als Stricher. Immer wieder bekommt Mike narkoleptische Anfälle, in denen er von seiner Mutter träumt. Gemeinsam mit Scott begibt er sich auf einen langen Weg von Portland, über Idaho bis nach Italien, um sie zu finden.

Und wie das so ist, wenn man auf etwas aufmerksam wird, begegnet einem das Thema plötzlich an allen Ecken und Kanten. Zum Beispiel, dass sich River Phoenix’s Todestag am 31. Oktober 2017 zum 25. Mal jährte. Er war erst 23 Jahre alt, als er an einer Überdosis aus Heroin, Kokain und Morphin starb. In ein paar ruhigen Momenten fing ich an, nach Informationen über Phoenix zu stöbern. Ich wollte mich erinnern und ihn in gewisser Weise nochmal wiederentdecken.

River Jude Bottom wurde 1970 auf einer Farm in Oregon geboren, auf der seine Eltern Arlyn Phoenix and John Lee Bottom arbeiteten. Seine Kindheit war geprägt von Herumreisen und Armut. Mit ihrem Erstgeborenen durchkreutzten Arlyn und John Lee ganz Amerika, bis sie schließlich in einem kleinen Ort bei Florida blieben, in dem River seine ersten Kindheitsjahre verbrachte. Die Familie wurde immer größer. River und seine Geschwister waren gezwungen auf der Straße Musik zu machen, um für die Familie Geld zu verdienen. Er lernte Lesen und Schreiben, besuchte aber nie eine konventionelle Schule. Bei einem Interview mit dem “People”-Magazin beschrieb er seine Eltern selbst als “hippiemäßig”.

River Phoenix’s Familie

Eltern Darlyn Phoenix und John Lee Bottom und ihre Kinder River, Rain, Joaquin, Summer und Liberty

1973 traten seine Eltern einer neuen, religiösen Bewegung bei: den “Kindern Gottes”. Deutlicher formuliert: einer Sekte. Wieder wurden die Kinder von einem Ort zum nächsten geschleppt: Texas, Mexiko, Puerto Rico und Venezuela. Um die Missionsarbeit und das Überleben der Familie zu unterstützen, mussten River und seine Geschwister Flyer über die “Kinder Gottes” verteilen und Früchte sammeln.

Zwei Jahre vor seinem Tod machte River in einem Interview des Magazins “Desire” Bemerkungen, dass er während der Zeit in der Sekte als Vierjähriger seine Unschuld verlor. Aber er “habe es einfach verdrängt”. Ende der 70er kehrten die Eltern den “Kindern Gottes” den Rücken zu und siedelten zurück nach Florida, endgültig. Viele Jahre später erzählte River’s Mutter was ihr Sohn über die Sekte dachte: “Sie sind widerlich. Sie ruinieren das Leben der Menschen.”

Sieht man sich River Phoenix’s Rolle als Mike in “My own privat Idaho” an, wird deutlich, wieviel selbst erlebtes in ihr steckt. Heimatlosigkeit, Sehnsucht nach Stabilität, Verlust, Armut und Missbrauch. Die Rolle ist auf traurige Weise, perfekt auf ihn zugeschnitten.

Diese Themen ziehen sich durch fast alle seine Filme. Zumindest die sehr guten, für die er das meiste Lob erntete. Wie zum Beispiel seine Rolle des Chris Chambers in “Stand by me” (1986), dessen Eltern Alkoholiker sind und deshalb, obwohl er einfach nur ein normaler Junge sein möchte, jeder auf ihn herabsieht. Dann Charlie in “The Mosuito Coast” (1986). Hier spielt er den Sohn von Allie Fox (Harisson Ford), der mit seiner Famile in den Dschungel Südamerikas zieht, weil er dem American way of life (“buy junk, sell junk, and eat junk”) entkommen will. Kommt einem bekannt vor!?

River Phoenix in “Running on empty” (1988)

Und nicht zuletzt seine Rolle als Danny Pope in “Running On Empty” (1988), in der er versucht, sich vom Leben seiner Eltern zu lösen, mit denen er konstant auf der Flucht ist, weil sie vom FBI gesucht werden. Für sein Spiel in “Running On Empty” wurde Phoenix für einen Oscar und einen Golden Globe als Bester Nebendarsteller nominiert.

River’s außergöhnliche Darstellung des schwulen Strichers Mike in “My own private Idaho” ist heute auch deshalb so bekannt, weil sie sehr half dem Mainstreampublikum das “New Queer Cinema” näherzubringen. Alles, was Menschen über Phoenix dachten und sagten, scheint in dieser Rolle vereint zu sein und macht den Film deshalb so kraftvoll. Alle Sehnsucht, alle Liebe, Verletzlichkeit und Stärke manifestiert River Phoenix in “seinem” Mike Waters. Und wer hätte das besser beurteilen können, als Michael Parker, der die Inspiration für Rivers Charakter im Film war: “Wir redeten den ganzen Tag miteinander. Einer der Gründe, warum ich mich ihm gegenüber öffnete, ist, dass ich das Gefühl hatte, dass er mich versteht und wie ich fühle – nicht auf die selbe Art, aber der selbe Schmerz.”

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