Film Review: ‚No Way Out‘

NO WAY OUT
Die „Granite Mountain Hotshots“ versuchen, jeden Flammenherd zu bändigen.
(Studiocanal)

Originaltitel: ‚Only the Brave‘
Regie: Joseph Kosinski
Cast: Josh Brolin, Jeff Bridges, Miles Teller, Jennifer Connelly, Taylor Kitsch, Jennifer Connelly, James Badge Dale, Andie MacDowell, Geoff Stults, Ben Hardy, Scott Haze, Natalie Hall
USA 2017
116 Minuten
FSK 12


 

Eine amerikanische Heldengeschichte

Für uns Europäer ist es immer so eine Sache, wenn in amerikanischen Kinoproduktionen die großen Heldengeschichten ausgepackt werden.
In den USA, sind Polizisten, Feuerwehrmänner, Soldaten keine einfachen Staatsbedienstete wie hierzulande. Sie sind schlicht Helden.
Weil sie einen Dienst für ihre Land ihre Mitmenschen leisten. Und damit Patrioten sind.
Das alles kann man belächeln, oder als Propaganda abstempeln. Manchmal sicher zurecht.

Und ja, wenn auch in ‚No Way Out‘ wie aus dem nichts, und eigentlich ohne Grund, plötzlich die Krankenschwester zum verletzten Feuerwehrmann sagt „Sie sind ein Held“,
scheint das völlig unplatziert und abgedroschen. Doch das ist Amerika. Feuerwehrmänner sind Helden. In vielerlei Hinsicht ist dieser Film ein „Ur-amerikanischer“ Film.
Der Chef einer Elite-Truppe, gespielt von Josh Brolin, ist so Stolz auf seine Truppe wie man es nur sein kann. Und das gibt er immer wieder zum besten. Typisch amerikanisch. Und konservativ ist man im Südwesten der USA natürlich auch.
Es scheint abstrus, Menschen die durch ihre Taten den Tod fanden, als Helden darzustellen. Ob sie dabei anderen das Leben retteten oder nicht. Doch ist dies auch eine Art
der Trauerbewältigung. Das Gedenken dieser Helden wird in den USA zelebriert wie in kaum einen anderen Land.

Wie also aus einem der tragischsten Ereignisse nach dem 11. September 2001, eine authentische Geschichte machen, die den Opfern und Angehörigen gerecht wird. Und die dem Zuschauer ein möglichst realistisches und spannendes Drama bietet.

Das ist bei Geschichten die auf wahren Ereignissen beruhen, immer eine schwierige und sensible Gratwanderung.
Die Filmemacher und Schauspieler von ‚No Way Out‘ waren aber sehr bemüht, zum einen mit den Angehörigen lange vor Drehbeginn zu sprechen, und die Schauspieler entsprechend mit ihren „realen“ Figuren die sie im Film
verkörpern, und eine Geschichte zu erzählen, die den tatsächlichen Ereignissen sehr nahe kommt, bei aller Dramaturgie die man einem Film auch immer zufügen muss.
Dies verdeutlichen vor allem die Featurettes, die sich als Bonusmaterial auf der DVD/Blu-ray befinden. Dort erzählen die Macher des Films, wie die Angehörigen und Zeitzeugen ihre
Sicht auf die Ereignisse und den späteren Film, was sehr zu empfehlen ist, um den ganzen Kontext nachvollziehen zu können.

NO WAY OUT
Die Crew wartet auf das Kommando zum Einsatz.

‚No Way Out‘ ist aber keinesfalls ein patriotischer Film, der die Taten der einzelnen Protagonisten, für das ganze Große in den Schatten stellt.
Hier geht es um jene Feuerwehrmänner, die alles dafür Taten, dass ihr Trupp zur Elite gehört. Sie trainierten jahrelang, um endlich zu „Hotshots“ zu werden,
den besten ausgebildeten und erfahrensten Feuerwehreinheiten zur Wald- und Flurbrandbekämpfung in den USA.
Das bedeutet oft tagelang unterwegs zu sein, getrennt von der Familie. Ganz abgesehen von den Gefahren die dieser Job mit sieh bringt.

Das zeichnet der Film auch sehr gut auf. Bei Hitze, und staubtrockenen Untergrund, wird gebuddelt und geschaufelt, lange Märsche, Bäume werden gefällt,
kontrollierte Gegenfeuer gelegt. Schwerstarbeit. Mittendrin der junge Brandon „Donut“ McDonough (Miles Teller). Als ein persönliches Ereignis
ihn aufrüttelt und er endlich seine Drogensucht bekämpfen will, bewirbt er sich bei der Truppe um Eric Mash (Josh Brolin, der selbst mit Anfang 20 bei der freiwilligen Feuerwehr
in Arizona diente), Chef der Truppe, die zu diesen Zeitpunkt noch den Titel „Trainee“ inne hat.
Brandon erinnert den erfahren Eric an seine eigene Vergangenheit. Er gibt ihm eine Chance, seine wohl letzte, um Halt in der Gesellschaft zu finden und nicht erneut in die Sucht abzustürzen.
So wachsen die nun insgesamt 20 Männer immer mehr zu einem verschworenen Haufen zusammen.
Unterstützt vom örtlichen Feuerwehrchef Duane Steinbrink (Jeff Bridges). Der hier, sieht man sich das Interview mit dem echten Steinrink an, passender nicht hätte besetzt werden können.

NO WAY OUT
Amanda (Jennifer Connelly) hält ihrem Eric (Josh Brolin) stets den Rücken frei.

Als moralischen Kompass, agiert Jennifer Connelly, als Filmehefrau Brolins „Amanda Marsh“. Brolin spielt den ehrgeizigen „John Wayne“ der Feuerwehr, wortkarg, lässt er lieber Taten für sich sprechen.
Connelly versucht diesen harten Panzer aufzubrechen. Beide verkörpern sehr sensibel ein inniges Ehepaar, was sich zweifelsohne liebt, aber auch Konflikte mit sich trägt, die immer
wieder aufkommen.
Zum Beispiel die gemeinsame Familienplanung.

‚No Way Out‘ ist generell großartig besetzt. Von Miles Teller spielt einen jungen Mann der noch seinen Weg sucht, die starken Jennifer Connelly und Josh Brolin und der einzigartige Jeff Bridges dessen Aura jeden Film bereichert.
Aber auch die Nebendarsteller, wie James Badge Dale (’13 Hours‘) und Taylor Kitsch (‚Lone Survivor‘) seien hier erwähnt.

[Achtung Spoiler]
Teller hat im Film einige emotionale Momente, eine Szenerie geht besonders nahe. Als einziger Überlebender betritt er unmittelbar nach der Katastrophe die Sporthalle der Gemeinde, wo alle Angehörigen sehnlichst auf ihre(n) Liebsten warten. Inzwischen war bekannt, dass nur ein Feuerwehrmann überlebte. Als er die Halle betritt und sich umschaut, muss er in die Enttäuschten und Trauernden Gesichter blicken, die hofften nicht ihn, sondern einen anderen der 20 Feuerwehrleute zu erblicken. „Es hätte mich treffen“ sollen, gibt Brandan (Miles Teller) völlig am Boden zerstört wieder. Eine ergreifende Szene, die der Regisseur zum Glück aufgreift, weil sie die unvorstellbaren Vorwürfe und Gefühle des jungen Brandon McDonough verdeutlichen, mit denen der einzige Überlebende ab da leben muss.
[Spoiler Ende]

Der Film bietet zudem einen hervorragenden Score, mit „Hold the Light“ von Dierks Bentley einen sehr emotionalen Titelsong, eine zunehmend verdichtete Atmosphäre die Regisseur
Joseph Kosinski (‚Oblivion‘) in ruhigen Bildern einzufangen weiß, und großartige Landschaftsaufnahmen, auch wenn diese hier zumeist in Flammen aufgehen.
Allerdings lässt der Film eine gewisse Dramatik während einiger Einsätze im Film vermissen. Eine wirkliche Bedrohung ist daher nicht spürbar.
Hier hätte Kosinski durchaus mehr Gespür für Timing und Dramatik gut getan. Abgesehen vom Ende.

Eine wahre, ergreifende Geschichte – ohne Pathos

Das „Yarnell Hill Fire“ am 30. Juni 2013 in Arizona ist das opferreichste Ereignis der US-Feuerwehr seit den Terroranschlägen am 11. September 2001.
Diese wahre Geschichte ist eine Heldengeschichte. Weniger weil die Feuerwehrmänner für ihren Einsatz mit dem Leben bezahlen mussten. Sondern weil diese „Helden des Alltags“
ganz normale Menschen waren, Familienväter, Brüder, Söhne.
Sie retteten unzählige Leben, und verhinderten die Ausbreitung so mancher Feuerwalze die ganze Ortschaften zertört hätte.
Joseph Kosinski erzählt diese Geschichte so zurückhaltend und ohne großen Pathos, das hier keineswegs von einer über dramaturgischen Story die Rede sein kann.
Er stellt die Männer in den Mittelpunkt. Ihre Persönlichkeiten, die Härte und Unwegsamkeiten des Alltags. Den Zusammenhalt und die Beziehungen innerhalb des Teams.
So haben private Konflikte einen viel höheren Stellenwert als die Feuer die es zu bekämpfen gilt. So gelingt Kosinski eine emotionale Hommage an die Feuerwehrleute
der Granite Mountain Interagency Hotshot Crew.
Das Ergebnis ist mit ‚No Way Out‘ ein authentisches Werk, welches den Feuerwehrmännern aus Prescott, Arizona und deren Angehörigen von allen vorstellbaren Versionen wohl am gerechtesten werden dürfte.
Auch wenn man hinzufügen muss, dass nicht jeder glücklich mit dem Film war. Die Filmcrew sprach aber mit jeden einzelnen Angehörigen und Zeitzeugen,
viele waren auch während der Dreharbeiten eingebunden, um stetig ein authentisches Bild zu wahren.
Das kann man den Filmemachern zugute halten.
Die andere Seite, womit einige immer Probleme haben werden ist, dass aus solch einer Geschichte ein finanzieller Gewinn ausgeschöpft wird.
Ein moralischer Konflikt, den der Zuschauer sicher am wenigstens wahrnimmt, aber einige Zeitzeugen umso mehr.

Trotz allem, selbst in den USA hat nicht jeder von dem Ereignis vor 5 Jahren etwas mitbekommen.
Durch den Film wurden diese Männer wieder in das kollegiale Gedächtnis gerückt. Postum eine verdiente Ehre.
Die Arbeit der landesweiten Hotshot Crews werden so im besten Falle mehr gewürdigt, da sie meist im Hintergrund, ohne die Blicke der Öffentlicheit agieren.
Auch das schafft der Film. Das ist auch notwendig, denn was dieser nicht erzählt sind der Kampf der Hinterbliebenen nach ausbleibenden Versicherungszahlungen und der
Frage wieso die Männer sterben mussten. Denn die Crews sind im ganzen Land chronisch unterbezahlt, es fehlt an dringend benötigter Ausrüstung.
Dieser Kampf hält an. Und wenn dieser Film nur ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf diese Lage aufzubringen vermag, ist damit auch schon einiges gewonnen.

NO WAY OUT
Die Männer gemeinsam im Einsatz gegen die Flammen.

Und nach einem emotionalen Ende, welches kaum jemand ohne Tränen übersteht, dürfte jeder einen neuen Blick auf die „Helden des Alltags“ werfen, die jeden Tag
im Hintergrund für unsere Sicherheit und Gesundheit kämpfen.

 

 


Drehbuch: Ken Nolan, Eric Warren Singer
Produzenten: Ellen H. Schwartz, Lorenzo di Bonaventura
Kamera: Claudio Miranda
Schnitt: Billy Fox
Musik: Joseph Trapanese

Jetzt auf DVD/Blu-ray/4K UHD

Special auf DVD/Blu-ray:
Making of, Featurettes „Den Helden zu Ehren: Die wahren Geschichten“, „Das Team“, „Boot Camp: Ausbildung zum Hotshot“, Geschnittene Szenen

Überblick der Rezensionen
Ron Junghans / JayCarpet
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no-way-outEinfühlsam und ruhig erzählt Regisseur Joseph Kosinski die wahre Geschichte der Granite Mountain Hotshots, einer 20-köpfigen Elite-Truppe, deren Erbe mit diesen Film ein Stück weiterlebt. Auf äußerst angenehme Weise verzichtet Kosinksi auf großen Heldenpathos. Hier stehen tatsächlich diese Männer im Mittelpunkt. Mit dezenten, aber einprägsamen Sound, gut gespielt und eindringlich, kommt das Ende des Films, egal wie viel einem davon bekannt ist, doch irgendwie überraschend und überwältigend daher. Und erfasst den Zuschauer in einer enormen emotionalen Stärke.