Diese Amazon-Serie ist eine wilde Reise ins Übersinnliche. Ihre Hauptdarstellerin wurde über Nacht zum Star – als Trickfilmfigur. Es stellt sich die Frage – Was zum Teufel ist das hier? Ein Zeichentrickfilm? Oder doch echte Menschen? Die Amazon-Serie ‚Undone‘ irritiert die Augen des Publikums schon in den ersten Sekunden. Die Heldin – sie wird gleich einen entsetzlichen Autounfall bauen und das Bewusstsein verlieren – besteht aus gezeichneten Linien. Und doch ist das alles einen Tick zu real: die Bewegungen, die Blicke, die Haut, das Atmen. ‚Undone‘ (Deutsch: Ungeschehen) ist in sogenannter Rotoskopie gedreht. Das heißt: Echte Menschen werden abgefilmt und nachgezeichnet. Manche Zuschauer erinnern sich vielleicht an das Musikvideo ‚Take on Me‘ der norwegischen Popgruppe a-ha (1985) oder den Science-Fiction-Film ‚Tron‘ (1982). Ganz wenigen mag sogar noch eine kaum mehr bekannte Zeichentrick-Version von ‚Herr der Ringe‘ von 1978 in den Kopf kommen. Eine etwas angestaubte Technik, möchte man meinen. Dennoch hat sie bei ‚Undone‘ einen beachtlichen Effekt. Verstärkt dadurch, dass die Hintergründe aus Ölfarbe sind.
Wir begleiten unsere Heldin Alma (Rosa Salazar, auch bekannt aus Titelheldin in ‚Alita: Battle Angel‘) in eine unwirkliche Zwischenwelt. Alles scheint möglich, Gegenwart und Vergangenheit verschwimmen, ebenso die Grenze zwischen Leben und Tod. In Rückblenden dringen wir tief in Almas Gedächtnis ein. Wir erleben eine Frau um die 30 – klug, schlagfertig, hübsch und wild. Und doch im Herzen unglücklich. Ihr Freund ist ein Goldstück, verständnisvoll, warmherzig und attraktiv. Und doch ist Alma angeödet von ihrem Alltag als Kita-Erzieherein, den immer gleichen Abläufen. Sie ist in Sorge, in der Falle einer harmonischen Kleinfamilie zu landen. Und da ist diese Wut zwischen ihr und ihrer Schwester. Ein verhängnisvoller Abend mit einem Seitensprung führt schließlich in das Unglück. So weit, so konventionell. Dann kommt das Übersinnliche ins Spiel. ‚Undone‘ ist im texanischen San Antonio gedreht, der Heimatstadt der preisgekrönten Serien-Autorin Kate Purdy. Die Mehrzahl der Menschen dort sind mexikanischer Herkunft. Folgerichtig sehen wir drei Latinas in tragenden Rollen, eine Seltenheit im US-Fernsehen; auch wenn die amerikanisch-mexikanische Herkunft von Alma nie explizit Thema ist.Amerikas Kritiker waren im Herbst begeistert. Die zweite Staffel ist in Arbeit. Und die Hauptdarstellerin amüsiert sich zuweilen: „Es ist komisch, dass ich vor allem für Trickfilm-Versionen von mir bekannt bin. Ich finde das klasse!“, sagte Salazar dem Hollywood Reporter.