HollywoodDer Anfang eines Wandels? Regisseurin aus China schreibt Oscar-Geschichte

Der Anfang eines Wandels? Regisseurin aus China schreibt Oscar-Geschichte

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Eine junge, in Peking geborene Filmemacherin ist die große Gewinnerin dieser Gala – und könnte zugleich ein Symbol sein für ein sich langsam wandelndes Hollywood. Eine wichtige Frage ist aber auch: Wie war die Oscar-Show in Zeiten von Corona?

Es wurde eine Oscarnacht wie keine andere. Nicht nur, dass die Corona-Pandemie die Organisation auf den Kopf stellte und die Stars in diesem Jahr an mehreren Orten weltweit mitfieberten. Auch bei den Auszeichnungen gab es so manche Überraschung. Vor allem schrieb die in China geborene Regisseurin Chloé Zhao Oscar-Geschichte mit ihrem Drama ‚Nomadland‘. Sie selbst wurde als erst zweite Frau für die beste Regie geehrt. Außerdem gewann ihr Werk den wichtigsten Preis für den besten Film. Das schaffte bisher nur ein anderer Film einer Regisseurin: ‚Tödliches Kommando – The Hurt Locker‘ von Kathryn Bigelow.
‚Nomadland‘ zeigt die Kehrseite des Amerikanischen Traums. Eine Witwe, gespielt von Frances McDormand, verliert ihr Zuhause, packt ihre Habseligkeiten in ein Auto und zieht als Nomadin und Hilfsarbeiterin durch die USA. Dabei trifft sie andere Menschen, die ebenfalls in ihren Autos leben und die im Film von realen Nomaden gespielt werden. Ihnen dankte die 39-jährige Zhao dann auch, als sie den Preis für den besten Film annahm. Diese Menschen hätten ihr „die Kraft der Belastbarkeit und Hoffnung beigebracht“. „Vielen Dank, dass ihr uns (…) daran erinnert habt, wie wahre Güte aussieht“, sagte sie sichtlich aufgeregt, bevor sie kurz darauf auf der Bühne in Tränen ausbrach. Für Zhao dürfte dieser Triumph den endgültigen Durchbruch in Hollywood bedeuten. Schon mit ihrem vorigen Film, dem einfühlsamen Western ‚The Rider‘, bewies sie ihr cineastisches Talent. Auch jetzt verbindet sie die berührende Geschichte mit atemberaubenden Bildern der weiten, amerikanischen Natur.

Die Preise für die Regisseurin spiegeln zugleich ein sich langsam wandelndes Hollywood. Fünf Jahre nach der heftigen Kritik an der US-Filmakademie, als fast alle Nominierten weiß waren und das Schlagwort #OscarsSoWhite die Runde machte, gingen nun gleich mehrere Preise an nicht-weiße Filmschaffende. So bekam die Südkoreanerin Yuh-Jung Youn den Oscar als beste Nebendarstellerin für das Familiendrama ‚Minari – Wo wir Wurzeln schlagen‘, und der schwarze Brite Daniel Kaluuya gewann mit seiner Rolle in der Filmbiografie ‚Judas and the Black Messiah‘ über die Ermordung eines schwarzen Bürgerrechtlers die Trophäe als bester Nebendarsteller. Zwei weitere Oscars (Make-up/Frisur sowie Kostümdesign) gab es unter anderem für das Musikdrama ‚Ma Rainey’s Black Bottom‘ über die schwarze „Mutter des Blues“. Der ganz große Paukenschlag aber blieb aus. In den wichtigen Kategorien Beste Hauptdarstellerin und Bester Hauptdarsteller waren zwar auch nicht-weiße Amerikaner nominiert. Gerade dem ‚Black Panther‘-Star Chadwick Boseman, der 2020 mit 43 Jahren starb, wurden gute Chancen ausgerechnet, posthum einen Oscar für ‚Ma Rainey’s Black Bottom‘ zu gewinnen. Letztendlich wurde in dieser Sparte aber der 83-jährige Brite Anthony Hopkins ausgezeichnet, der in ‚The Father‘ einen dementen Vater spielt, sowie die 63-jährige Frances McDormand (‚Fargo‘), die mit ‚Nomadland‘ ihren dritten Oscar erhielt.

Doch was wird neben dem Erfolg von Chloé Zhao von dieser Gala in Erinnerung bleiben? Das werden sicherlich die Umstände sein, unter denen die Show stattfand. Denn wegen der Corona-Pandemie trafen sich nicht alle Stars wie in den Vorjahren im großen Dolby Theatre. Stattdessen wurde das Bahnhofsgebäude Union Station in Los Angeles zur kleineren, damit aber auch intimeren Hauptbühne der Preisverleihung. Außerdem wurden zahlreiche Nominierte aus unterschiedlichsten Ländern wie Australien, Großbritannien, Italien und Frankreich zugeschaltet. Die Organisatoren lösten das geschickt und schnitten die verschiedenen Standorte so nahtlos hintereinander, dass man beim Zuschauen durchaus vergessen konnte, dass die Bilder nicht aus einem Veranstaltungsort stammten. Allerdings gab es dieses Mal praktisch keine Showeinlagen, die die Gala auflockerten oder Moderator*innen. Auch die nominierten Songs wurden nicht live aufgeführt. All das führte dazu, dass letztendlich nur die Preise verliehen wurden. Wer auf eine pompöse Show gehofft hatte, die Hollywood und die durch Corona gebeutelte Filmindustrie feierte, wurde also enttäuscht. Eine abwechslungsreiche Gala war das nicht. Regisseur Steven Soderbergh aber inszenierte die Veranstaltung wie einen langen Film. Das war neu.

Kurz vor Schluss aber sorgten dann Frances McDormand und Glenn Close doch noch für einen Schuss Unterhaltung: McDormand heulte auf der Bühne in Erinnerung an einen gestorbenen Toningenieur von ‚Nomadland‘ ein lautes Wolfsgeheul und Glenn Close sprang für eine Tanzeinlage von ihrem Platz auf. Zum Rhythmus des Songs „Da Butt“ ließ die 74-Jährige ihren Hintern kreisen – und avancierte im Internet schnell zu einem heimlichen Star des sonst eher an Höhepunkten armen Abends.

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