Studio Babelsberg will bald wieder drehen
Das Studio Babelsberg hofft darauf, in einigen Wochen wieder drehen zu können. Im März war die Vorbereitung von zwei großen Filmprojekten wegen der Pandemie unterbrochen worden. „Es war klar, dass die regulären Produktionsarbeiten vorerst nicht möglich sind“, sagte Vorstandschef Carl Woebcken in Potsdam. Alle ausländischen Mitarbeiter seien damals in ihre Heimat zurückgeflogen, sehr viele nach Amerika, einige nach England, Australien. „In der Folge hatten wir bei uns im Studio erstmal einen kompletten Lockdown“, so Woebcken. Die Filme laufen unter den Codenamen ‚Girona‘ und ‚Project Ice Cream‘. „Ich darf Ihnen offiziell die Titel nicht sagen“, sagte Woebcken. Laut Berichten handelt es sich um die Videospiel-Verfilmung ‚Uncharted‘ (Sony) und den Blockbuster ‚Matrix 4‘ (Warner Bros) mit Keanu Reeves. Für beide Produktionen seien sehr aufwendige Kulissen gebaut worden. Die Sets und viel Equipment seien in den Studios geblieben. „Wir haben jetzt eine Situation, bei der wir guter Hoffnung sind, dass wir mit beiden Produktionen hoffentlich ab Mitte Juni weiter produzieren können“, kommentierte Woebcken. Noch wird verhandelt. Filmdrehs werden vorerst anders aussehen als bisher. Alle müssten am Set Masken tragen. „Hinzu kommt die Händedesinfektion: Wir haben kürzlich 5000 Liter Desinfektionsmittel bestellt“, sagte Woebcken. Zudem hätten sie erste Angebote für eine Massentestung eingeholt, bei der einmal in der Woche Mitarbeiter getestet werden könnten.
Vorbereitungen in Babelsberg: Wie Filmdrehs aussehen könnten
Die Filmwelt muss sich neu sortieren – über 5000 Liter Desinfektionsmittel, Abstand im Drehbuch und die Codenamen zweier geplanter Hollywoodfilme.
Plötzlich steht vieles still. Im Studio Babelsberg sind zwei große Filmprojekte vorerst auf Eis gelegt. Crewmitglieder mussten in Kurzarbeit, eigene Mitarbeiter halten sich etwa mit Reparaturen beschäftigt. Einen solchen Stillstand der Branche hat Vorstandschef Carl Woebcken bisher nicht erlebt.
„Studio Babelsberg hatte Anfang des Jahres eine hervorragende Ausgangssituation, weil wir das erste Mal in der jüngsten Geschichte bereits im Frühjahr zwei Großproduktionen parallel im Studio hatten. Das sind beides sehr große Projekte, die Mitte März die Produktion schließen mussten wegen der Corona-Krise.
Der Vorteil von Babelsberg könnte sein, dass die Kulissen für beide Projekte bereits fertig waren und die Produktionen deswegen vielleicht nicht abwandern, sondern zurückkommen.
Dazu Woebcken: „Das ist eine Sondersituation, über die wir sehr glücklich sind. Denn in der gegenwärtigen Situation ist es so, dass viele Produktionen, die unabhängig finanziert sind, zurzeit keinen Versicherungsschutz bekommen. Die großen Studioproduktionen können das auch alleine stemmen, die brauchen nicht unbedingt eine Versicherung. Aber andere Produktionen schon. Und das ist ein riesiges Problem in unserer Branche. Unabhängig produzierte Filme oder auch größere Fernsehproduktionen müssen einen sogenannten Completion-Bond abschließen. Das ist eine Fertigstellungsversicherung, die einspringt, wenn das Projekt unterbrochen oder abgebrochen werden muss, sich deswegen die Drehzeiten verlängern und/oder die Kosten steigen. Die Versicherung muss dann – wenn eine bestimmte Reserve überschritten ist – für die Fertigstellung eines Films oder einer Serie garantieren. Und das machen Versicherer gegenwärtig aufgrund der Corona-Krise nicht. Wir haben ebenfalls mit einigen Versicherungen gesprochen. Es ist so, dass gegenwärtig einfach keine statistischen Informationen vorliegen und damit auch keine Mathematiker Policen berechnen können.“
Wie ein Filmdreh in Zeiten von Corona aussehen könnte äußerte sich Woebcken: „Man muss natürlich in erster Linie zusehen, dass die Crew nicht zu eng aufeinander ist. Die Abstandsregeln sind bei uns im Studiobereich einfach einzuhalten, wenn es um Mitarbeiter geht, die um das Set herumwirbeln, um zum Beispiel die Beleuchtung bereitzustellen. Aber bei Schauspielern, Regisseur, Kamerateam: Da muss man extrem auf die Hygiene achten. Insbesondere bei den Hauptdarstellern. Denn wenn da einer ausfällt, dann steht das ganze Projekt still. Gegenwärtig denken viele darüber nach – da man nicht weiß, wie lange die Krise andauern wird -, die Drehbücher so zu ändern, dass man Abstand hält. Das geht natürlich nicht bei Liebesszenen oder Kampfszenen. In solchen Fällen ist dann das Testen extrem wichtig – von bestimmten Crewmitgliedern, von Hauptdarstellern. Wir haben uns bereits erste Angebote eingeholt für eine Massentestung, bei der wir einmal in der Woche alle Mitarbeiter verproben könnten. Alle müssen, während sie am Set arbeiten, Masken tragen. Hinzu kommt die Händedesinfektion: Wir haben kürzlich 5000 Liter Desinfektionsmittel bestellt. Im Prinzip stehen an allen Arbeitsplätzen Hygienespender. Momentan kann man sicher auch von den Showformaten in Deutschland lernen, die ja ohne Publikum weiter produziert werden.
Wir haben zudem mit dem Gesundheitsamt Kontakt aufgenommen. Die Regeln, wie man sich verhalten sollte, damit möglichst alles gut geht, haben wir bereits erarbeitet. Viel wichtiger ist allerdings, mit dem anderen Szenario umzugehen: Was machen wir, wenn doch aus irgendeinem Grund jemand infiziert sein sollte?“
Im März forderten noch einige Schauspieler ein Verbot für Dreharbeiten, wegen der Gesundheitsgefahr für das Team. Für Woebcken keine Lösung; „Ich glaube, ein generelles Drehverbot ist schwierig. Das würde einen Lockdown für die gesamte Industrie bedeuten. Und es gibt ja Fälle – das sehen wir tagtäglich im Fernsehen -, wo es funktioniert. Aber das wollen wir auch mit unseren Auftraggebern abstimmen: Dass man zum Beispiel, wenn es zu einer Szene in einem geschlossenen Raum kommt, vier Tage vor dem Dreh den ersten Test macht und dann nochmal einen Tag vorher, um sicherzustellen, dass auch wirklich niemand infiziert ist. Auf diese Weise kann man schon bestimmte Aktionen zulassen. Ich würde von einem generellen Drehverbot abraten.“
Doch aus dieser Krise könnten laut Woebcken auch neue Impulse für die Filmwelt entstehen: „Was wir hier im Kern machen – nämlich Filme physisch zu produzieren – das ist wie eine Baustelle auf dem Hochbau. Das kann man nicht virtuell mit einer Konferenzschaltung erledigen. Aber die Vorbereitungsarbeiten kann man schon teilweise mit neuen Kommunikationsmethoden überbrücken. Wie oft hat man sich früher in den Flieger gesetzt, um mal bei einem Meeting irgendwo zwei Stunden zusammenzusitzen? Da kann man wirklich viel Geld und Zeit sparen.“
Carl L. Woebcken (63) leitet seit 2004 das Studio Babelsberg in Potsdam. Gedreht wurde dort unter anderem schon für ‚Inglourious Basterds‘ mit Brad Pitt, ‚Cloud Atlas‘ mit Tom Hanks und ‚Monuments Men‘ mit George Clooney und Bill Murray.