Corona, Krieg, Krisen: Viele Menschen erwarten in diesen Zeiten verlässliche Medien. Die Branche ist zugleich selbst betroffen und steckt mitten im Umbruch. Auf den Medientagen sucht sie Orientierung.
Es ist ein Treffen in Krisenzeiten. Deutschlands Medienbranche kommt vom 18.-20. Oktober 2022 bei den Münchner Medientagen zu einer ihrer traditionell größten Konferenzen zusammen. Schon Corona hatte auch Medienhäuser heftig gebeutelt, Energiepreise und Inflation setzen ihnen nun wie allen schwer zu. Das Motto des Branchentreffs mit erwarteten vielen Tausend Teilnehmenden: „More relevant than ever“ („Relevanter denn je“) – ist das Fakt oder Prinzip Hoffnung?
Ausgerechnet zu einer der selbst gemachten Krisen der Branche fehlen bei den Medientagen die Top-Vertreter: Die öffentlich-rechtliche ARD durchlebt unter anderem wegen Vorwürfen gegen Führungskräfte beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) schwere Turbulenzen. Von den Intendantinnen und Intendanten der ARD-Anstalten ist in München den Organisatoren zufolge niemand auf dem Podium. „Das ist schade“, gibt Medientage-Geschäftsführer Stefan Sutor unumwunden zu und verweist auf Termingründe der Eingeladenen. „Das hat mit dem Timing zu tun, das nicht in unserer Hand lag.“ Das Thema werde trotzdem diskutiert, sagt Bayerns höchster Aufseher für Privatsender, Thorsten Schmiege. „Die Medientage sind eine hervorragende Plattform, damit solche Themen nicht totgeschwiegen, auch Fehler nicht verschwiegen werden“, sagt er. Schmiege ist Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) – der Hauptträgerin der Medientage.
„In Krisen der Glaubwürdigkeit ist das Wichtigste: Dass man das offen anspricht, dass man das diskutiert.“
Ein Verschweigen kann man sich auch beim politischen Hauptredner zum Eröffnungsgipfel am Dienstagmittag kaum vorstellen: Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef hat die Bühne noch immer für medienpolitische Aufschläge und Kritik genutzt – und war einst selbst mal Journalist beim Bayerischen Rundfunk. Krieg und Krisen werden die #MTM vom ersten Tag an nicht loslassen: Der ukrainische Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko soll live aus Kiew zugeschaltet werden zur Rolle der Medien im Krieg. Mit insgesamt mehr als 350 Podiumsgästen auf fünf Bühnen wollen die #MTM22 an den drei Veranstaltungstagen zugleich beweisen, dass die Branche mehr zu bieten hat als Krise: von TV- und Audio-Streaming auf nationalen wie internationalen Plattformen über die immer buntere Welt der Podcasts bis zur Frage: Wie verändert das „Web3“ oder auch „Web 3.0“ die Medienwelt – eine nächste Form des Netzes mit der Idee viel dezentraler Technologie statt wenigen großen Playern.
Für einen Hauch Glamour soll der Bayerische Fernsehpreis sorgen, der „Blaue Panther – TV & Streaming Award“ wird erstmals bei den Medientagen präsentiert. Kongress und Preis zählen zur politisch wie finanziell intensiven Förderung des Medienstandorts Bayern der Staatsregierung. Den Ehrenpreis des Ministerpräsidenten gab es schon vorab am Rande des Oktoberfests für Schauspieler und Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger – mit dem sich Söder gewohnt gern fotografieren ließ.