Regie: Scott Cooper
Cast: Christian Bale, Rosamund Pike, Wes Studi, Timothée Chalamet und Ben Foster
USA 2017
134 Minuten
Endlich wieder ein Western, der sich auch als solcher anfühlt
Echte, gute Western – Eine Rarität in den Kinos. Kein Wunder, sie sind aufwendig. Setzen den Zugang zu einer atemberaubender Kulisse voraus. Und brauchen vor allem eine gute Geschichte. Ganz abgesehen vom Cast.
Mit ‚Feinde – Hostiles‘ bekommen wir nach langer Zeit wieder einen Film, der so intensiv ist, wie es ein guter Western sein muss.
Hier geht es aber nicht um das klassische „Indianer vs. Cowboy“-Spiel oder wie im Remake „Die glorreichen Sieben“ von 2016, um die Zusammenrottung von ein paar Halunken die irgendjemanden aus der Patsche helfen müssen.
‚Hostiles‘ handelt vor allem darum, wie man Vorurteile und Rassismus überwinden kann, von Verlust, Schmerz, den unsagbaren Leid und Gräueltaten im Krieg der US-Regierung gegen die Ureinwohner Amerikas. Der nichts geringeres als ein Völkermord war.
Nun versucht der Film eine Art Völkerverständigung.
Im Zentrum der Geschichte stehen dabei der hochdekorierte Captain Joseph Blocker (Christian Bale) und sein einstiger Erzfeind Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi).
Yellow Hawk sitzt bereits seit sieben Jahren im Gefängnis, schwer krank.
Blocker erhält den Auftrag, den Häuptling unversehrt in sein Stammesland nach Montana zu begleiten.
Widerwillig nimmt er diesen Auftrag an. Denn beide vereint eine dunkle Vergangenheit.
Schließlich macht sich der Trupp aus Captain Blocker, einer handvoll Männer, sowie Häuptling Yellow Hawk und seine Familie auf die weite und gefährliche Reise von New Mexiko nach Montana auf, wo der Häuptling seine letzte Ruhe finden soll.
Und damit beginnt eine lange Reise, bei der sich Regisseur Scott Cooper viel Zeit nimmt. Zu Ross durch die scheinbar unendlichen amerikanischen Weiten. Voll beeindruckender Naturkulissen, die einen immer wieder zum Staunen bringen. Die Kamera fängt diese grandios ein.
Auf dieser Reise hat die Truppe um den vom Krieg gebeutelten Captain Joseph Blocker so einige unangenehme Begegnungen und Auseinandersetzungen, die die Truppe immer mehr dezimiert.
Blocker muss zudem erkennen, dass er den Häuptling und seine Familie nicht länger als Gefangene ansehen und behandeln kann. Jede Hand wird gebraucht, für das eigene Überleben, und um diese beschwerliche Reise zu überstehen.
Für Christian Bale ist Offizier Joseph Blocker eine Paraderolle. Mit großer Eindringlichkeit und wenig Worten verleiht er der Figur das, wofür sie steht. Er vermittelt diese innere Zerrissenheit, die Wut, den Hass, die Spuren all dieser Kriege und Schlachten auf grandiose Weise. Aber auch die Nachsicht und schließlich Vergebung, für sich, aber auch für seinen einstigen Feind.
Blocker ist ein introvertieren Typ, der nicht viel redet, aber dafür umso mehr erlebt hat. Die „Rothäute“ waren für ihn stets der Feind den es zu bekämpfen galt. Unzählige Massaker an die Native Americans gehen auf sein Konto.
Auch gegen Yellow Hawk, der als besonders unerbittlich gilt, kämpfte Blocker. Beide verloren dabei Freunde. Das verbindet sie. Doch das ist lange her.
Nach und nach erkennt Blocker, dass dieser Hass ihn auffrisst. Und eigentlich unbegründet ist. Zunächst aus der Not geboren, bietet diese lange gemeinsame Reise die Möglichkeit zur Einsicht darüber, wie Nahe man sich in Wirklichkeit steht. Wie viele Gemeinsamkeiten einen verbinden, mehr als Gegensätzliches.
Und darum geht es auch Scott Cooper. Er inszenierte einen sehr zeitgemäßen Western, der als klassisches Westernabenteuer taugt, mit einer Botschaft gegen Rassismus.
Doch Cooper vergisst bei aller Fokussierung auf Christian Bale, den anderen wichtigen Charakter, den von Wes Studi.
Dieser muss als scheinbar störrischer Häuptling der Cheyenne und späterer Verbündeter, vielmehr als Projektionsfläche der US-Soldaten und einige anderer „Weißen“ herhalten, der dabei kaum ein Wort sagen darf und viel zu wenig Profil erhält. Das ist zu einseitig dargestellt. Aus der Sicht der Ureinwohner hätte man gerne mehr erfahren. Mehr Interaktionen und nicht nur Reaktionen oder als Spiegel für die Buße der Weißen.
Daher funktioniert sein Appell gegen Rassismus, und für eine Annäherung der Ureinwohner Amerikas und den Weißen nur bedingt.
So gibt es eine Szene, als Blockers Kumpane Master Sgt. Thomas Metz (Rory Cochrane) dem Häuptling wie vom Blitz getroffen einen Vortrag darüber hält, wie schändlich seine Regierung und seinesgleichen mit den Ureinwohnern umgehen und er um Vergebung bietet. Um anschließend der Truppe den Rücken zu kehren und zu verschwinden. Das wirkt zu gestellt und daher wenig glaubwürdig.
Auch eine andere Figur dient vor allem dazu, recht einseitig Ängste, Verlust und Trauer zu transportieren. Die Witwe Rosalie Quaid (Rosamund Pike), deren Familie gerade von Komantschen umgebracht wurde. Auf diese treffen die Mannen um Capt. Blocker auf ihrer Reise. Sie beschließen die Frau mitzunehmen, die zunächst noch völlig unter Schock steht.
Rosamund Pike ist vor allem als schreiende, weinende, verzweifelte Frau zu beobachten.
Das mag zwar nach den Geschehnissen ein passendes Bild sein, aber auch dieser Figur hätte mehr Abwechslung in ihrer Interpretation gut getan.
Aber immerhin gelingt es Regisseur Scott Cooper mit Pike einen emotionalen Anker für Christian Bale zu installieren. Dem diese vorsichtige Annäherung gut zu tun scheint.
Aber auch hier dient wieder eine Figur, in dem Fall eine weiße Frau, als Projektionsfläche für Bale.
Auf ihn ist somit dieser Film zugeschnitten. Andere Figuren dienen, oft beiläufig, als Instrument zur Selbsterkenntnis des Captain der US-Armee. Das ist auch das größte Dilemma des Films.
Sieht man darüber hinweg, lässt man sich auf den teils schwerfälligen Gang den der Film an den Tag legt ein, erlebt man mit ‚Feinde – Hostiles‘ ein wahres, sehenswertes Western-Epos.
Drehbuch: Scott Cooper
Produzenten: Scott Cooper, John Lesher, Ken Kao
Kamera: Masanobu Takayanagi
Schnitt: Tom Cross
Musik: Max Richter