Für den neuen Animationsfilm von Wes Anderson ‚Isle of Dogs‘, kam aufwendige Stop-Motion-Technik zum Einsatz. Angesiedelt in Japan der nahen Zukunft, wurden per Handarbeit faszinierende Welten geschaffen.
Der Mann für’s „Kleine“ war dabei Modellbauer Simon Weisse aus Berlin. Er und sein Team schufen in Neukölln einzigartige Miniatur-Sets. So entstand unter anderem eine ganze Stadt im japanischen Stil.
Für Weisse ist „Isle of Dogs“ nach „Grand Budapest Hotel“ (2014) bereits die zweite Zusammenarbeit mit Anderson.
‚Isle of Dogs – Ataris Reise‘ erzählt die Geschichte von Atari Kobayashi, dem 12-jährigen Pflegesohn des korrupten Bürgermeisters Kobayashi. Als durch einen Regierungserlass alle Hunde der Stadt Megasaki City auf eine riesige Mülldeponie verbannt werden, macht sich Atari allein in einem Miniatur-Junior-Turboprop auf den Weg und fliegt nach Trash Island auf der Suche nach seinem Bodyguard-Hund Spots. Dort freundet er sich mit einem Rudel Mischlingshunde an und bricht mit ihrer Hilfe zu einer epischen Reise auf, die das Schicksal und die Zukunft der ganzen Präfektur entscheiden wird.
Ab 25. Oktober 2018 auf DVD/Blu-ray
Interview mit Simon Weisse
Herr Weisse, Sie haben Dutzende von Miniatur-Sets für den Animationsfilm „Isle of Dogs“ erschaffen. Wie lange haben Sie im Durchschnitt an einem Set gebaut?
Das kommt ganz darauf an – das aufwendigste Set war auf alle Fälle „Megasaki City“ mit 150 verschiedenen Gebäuden. Die Hochhäuser sind im Stil japanischer Großstädte der 1950er – 60er Jahre gebaut; die Altstadt davor ist von früheren japanischen Dörfern inspiriert und sollte dennoch einen renovierten Look haben, so dass sich insgesamt alles in ein Setting, das in einer nahen Zukunft angesiedelt ist, einfügt. An diesem fünf Meter breitem Set haben über fünf Monate um die acht Leute gearbeitet; bei anderen Setbauten benötigten wir weniger Zeit. Alles in allem nahm das gesamte Projekt für uns eineinhalb Jahren in Anspruch.
Gab es besondere Herausforderungen bei den Miniatur-Sets für ‚Isle of Dogs‘ die Sie zu berücksichtigen hatten?
Der ganze Film war für uns eine tägliche nette und interessante Herausforderung: Das kompetente Berliner Team und ich wurden mit dem Bau von Sets beauftragt, in die später nichts oder nur wenig reinanimiert wurde, z.B. Stadtansichten, Landschaften oder imaginäre Räumlichkeiten. Das steht ganz im Gegensatz zu den Modellen, die in den 3 Mills Studios in London für die Animatoren meistens in einem Maßstab von circa 1:7 gebaut wurden. Unsere Sets folgten viel kleineren Maßstäben und je kleiner, umso mehr Aufwand und größere Präzision erfordert die Arbeit daran.
Zugleich ist es nach „Grand Budapest Hotel“ (2014) Ihre zweite Zusammenarbeit mit Wes Anderson. Inwieweit legt der Regisseur Wert auf Kleinigkeiten und/oder Details?
Details sind keine Kleinigkeiten für Wes Anderson, selbst wenn sie manchmal im Film nicht zu sehen sind, muss man sie trotzdem erahnen können. Manchmal hat er ganz bestimmte Details in unseren Sets geändert, die mir vorher erst gar nicht aufgefallen waren; aber er bemerkte das und hatte im Ergebnis einfach Recht. Dabei sind seine Anfragen immer höflich, korrekt und sehr professionell.
Sind Sie mit dem Endergebnis zufrieden, wie Ihre Sets im fertigen Film eingesetzt wurden?
Mir hat der Film sehr gut gefallen, selbst wenn es schwierig ist, darüber zu urteilen, nachdem man an die zwei Jahre damit beschäftigt war und das Resultat auf einmal in 90-minütiger Zusammenfassung sieht. Aber diese Mischung aus der kreativen Welt eines Wes Anderson vermischt mit dieser sehr aufwendigen Stop-Motion-Technik eines Animationsfilms ist schon beeindruckend. Ich kann denen, die damit eigentlich nicht viel anfangen könnten, nur ans Herz legen: einen Versuch ist „Isle of Dogs“ in jedem Fall wert!
Was lässt sich auch im Jahr 2018 nur schwer oder gar nicht mit Computertechnik entwerfen, wo ihre Fähigkeiten nach wie vor unverzichtbar sind?
Vor allem eine gute Story und das dazu gehörige gute Drehbuch, aber das ist nicht meine Aufgabe. Es ist im Endeffekt eine künstlerische und kreative Wahl des Regisseurs und der Produktion, ob und wie diese ganzen verschiedenen Techniken benutzt werden oder eben nicht. Computertechnik ist an sich eine sehr gute Sache, nimmt meiner Meinung nach aber manchmal überhand und die Bilder sind qualitativ dann auch nicht immer überzeugend. Wenn man sich zum Beispiel Marvel-Filme anschaut, fällt einem immer mehr auf, dass das im Grunde genommen Computer-generierte Animationsfilme sind, in denen man ein paar bekannte Schauspieler reinkopiert hat. Da ist es vergleichsweise doch noch recht nützlich, wenn ein Schauspieler ein Filmrequisit haptisch benutzen kann – sei es für historische oder Science-Fiction-Filme. Und dazu bekomme ich immer wieder Anfragen.
Dabei gibt es inzwischen immer weniger Fachleute für Modellbau, droht Ihr Beruf auszusterben?
Das sage ich mir schon seit 30 Jahren, als ich damit angefangen habe und weswegen ich mich mit dem Erfolg von CGI eher auf Requisitenbau konzentriert hatte. Aber im Moment habe ich den Eindruck, dass es in der Zusammenarbeit mit neuen Techniken und auch bei ein paar Regisseuren eine Art Comeback für diese Techniken gibt. Ich habe auch einige junge Leute kennen gelernt, die auf einmal vom Modellbau fasziniert waren, als sie sahen, was man damit auch noch heutzutage alles schaffen kann.
Gibt es noch ein Projekt welches Sie unbedingt umsetzen wollen, vielleicht für einen bestimmten Film, Regisseur, ein Franchise etc.?
Um ganz ehrlich zu sein, nein! Ich lasse mich gerne überraschen. Vor 20 Jahren dachte ich, wenn ich eines Tages mal auch nur eine Kleinigkeit für Steven Spielberg machen darf, dann habe ich mein Ziel erreicht und höre auf. Das ist tatsächlich vor Kurzem passiert. Es war im Grunde genommen eine gute und sehr professionell gelöste Aufgabe und naja, ich mache also weiter. So lasse ich weiterhin die Sachen auf mich zukommen und versuche sie bestmöglich zu lösen.
Mehr Informationen über die Arbeiten von Simon Weisse gibt es hier: > Atelier Simon Weisse <