ExclusiveCorona-Krise: Italien macht ernst - Kinos und Theater schließen

Corona-Krise: Italien macht ernst – Kinos und Theater schließen

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Italien schränkt im Kampf gegen wieder rasant steigende Infektionszahlen das öffentliche Leben weiter ein. Die Zahlen sprengen alles bisher dagewesene.

Die Dynamik der zweiten Corona-Welle sorgt in Italien zunehmend für Angst vor Engpässen in den Krankenhäusern. Ministerpräsident Giuseppe Conte forderte die Italiener am Donnerstag in einer Rede im Senat in Rom auf, alle nicht notwendigen Reisen zu unterlassen. Es gelte einen großen Lockdown wie im Frühjahr zu vermeiden.

Nun greift die Regierung allerdings zur striktesten Corona-Maßnahme seit dem nationalen Lockdown im März. In der Lombardei tritt die Ausgangssperre bereits am Donnerstagabend in Kraft. Seit Freitagabend gilt eine nächtliche Ausgangssperre für die Region Latium (Lazio) mit der Hauptstadt Rom, sowie für Kampanien mit Neapel. Die Ausgangssperren gelten zunächst für 30 Tage.
Zwischen 23 Uhr und 5 Uhr ist das Verlassen des Hauses oder der Wohnung nur in Ausnahmefällen – wie aus medizinischen oder beruflichen Gründen – erlaubt.

Von Montag an müssen Bars und Restaurants ab 18.00 Uhr schließen, wie aus einer Anordnung von Sonntag hervorgeht. Kinos, Theater, Spielhallen, Clubs, öffentliche Sportstätten und Schwimmbäder werden ganz dichtgemacht. Die Italiener werden aufgefordert, möglichst nicht rauszugehen und die Kontakte zu Hause mit Personen außerhalb der eigenen Familie einzuschränken. Die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte verzichtet aber auf eine neue landesweite Ausgangssperre. Auch Geschäfte und die meisten Unternehmen dürfen weiterarbeiten. Außerdem muss der Unterricht für mindestens 75 Prozent der Gymnasialschüler online stattfinden.

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte: „Können uns eine zweite Schließung des Landes nicht leisten.“
(Photocredit: Mauro Scrobogna/LaPresse/AP/dpa)

Auf die Maßnahmen hatte sich die Regierung in Rom mit den Regionen verständigt, von denen einige schon in der vergangenen Woche Ausgangsbeschränkungen verhängt hatten. In der Hauptstadt sowie vor allem in Neapel war es zu teils schweren Protesten gegen diese Auflagen gekommen. Im Zentrum von Rom hatten am Wochenende etwa 200 maskierte Demonstranten der rechtsextremistischen Gruppierung Forza Nuova in der Nacht zum Sonntag auf der Piazza del Popolo Polizisten mit Leuchtraketen und Knallkörpern attackiert, zudem setzten sie Mülltonnen in Brand.

In der süditalienischen Metropole Neapel sind in der Nacht zum Samstag Hunderte Menschen Feuerwerkskörper werfend und Rauchbomben zündend auf die Straße gegangen. Die Polizei setzte demnach unter anderem Tränengas gegen die Protestierenden ein. Auch hier brannten Müllcontainer. Es herrschte zeitweise großes Chaos.

Die Tragödie ist nur ein Schritt entfernt

Der Regionalpräsident für die Region Kampanien, Vincenzo De Luca hatte als Reaktion auf schnell steigende Corona-Infektionszahlen die Lockdown-Pläne für die Region Kampanien angekündigt . „Wir werden nun alles schließen“, sagte De Luca. Der Shutdown könne einen Monat oder 40 Tage dauern. Die Situation sei schwierig, aber keine Tragödie, sagte er weiter. „Aber die Tragödie ist nur einen Schritt entfernt.“

Im Vergleich zur ersten Welle gibt die aktuelle Altersstruktur ein wenig Hoffnung. Denn anstatt eines mittleren Alters von 71 Jahren bei Corona-Positivgentesten zur Hochphase im Frühjahr lag das Durchschnittsalter Ende August bei ca. 30 Jahren, so das italienische Gesundheitsamt. Dies erkläre auch die niedrige Fallsterblichkeit zu Anfang der zweiten Welle.

Neben der geringen Sterblichkeit lagen auch die Zahlen im Sommer in Italien bei unter 200 Fällen pro Tag. Der Sommer hat uns mit einer trügerischen Ruhe getäuscht. Die Annahme man habe es quasi überstanden, das Virus sei besiegt, stellt sich nun als großer Trugschluss heraus.
Nun steigen wie in ganz Europa auch in Italien wieder die Zahlen. Damit geht auch eine erhöhte Auslastung der Intensivbetten einher und vor allem in südlichen Regionen wie Kampanien, die von der ersten Welle quasi verschont blieben, herrscht jetzt Notstand.

Laut italienischen Ärzteverbänden habe man noch ein Puffer von ca. 1 Woche, dann kommt das Gesundheitssystem an seine Grenzen. Ärzte und Wissenschaftler fordern deshalb drastische Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung des Corona-Virus. Dagegen, wie die im Fall der Sperrstunde, hatten sich bisher einzelne Regionen des Landes vehement gewehrt. Anders als die Regierung in Rom, wolle man Bars, Restaurants und Geschäfte offen halten und lieber die Schulen schließen. Am Beispiel Kampanien und den drastisch steigenden Fallzahlen, setzt bei einigen Regionalregierungen inzwischen eine Kehrtwende ein.

Regional beschränkte Entscheidungen und Maßnahmen wie sie beispielsweise in Deutschland gelten getroffen werden, sind in Italien nicht umsetzbar. Denn inzwischen ist ganz Italien betroffen. Anders als im Frühjahr, als vor allem der Norden mit der dichtbesiedelten Lombardei und Emilia-Romagna als Hotspot auszumachen waren. Daher können und müssen nur einheitliche Maßnahmen ergriffen werden.
Aus diesem Grund ist die Situation weitaus dramatischer als während der ersten Welle, auch wenn die Mortalitätsrate bisher deutlich niedriger ist. Sollte aber das italienische Gesundheitssystem in den kommenden Tagen und Wochen an seine Grenzen stoßen, dann droht – ganz ohne Übertreibung – eine Katastrophe.

Italien wurde von der ersten Pandemie-Welle besonders schwer getroffen und hatte mit einem strikten Lockdown reagiert, die Lage hatte sich im Sommer aber entspannt. Zuletzt stiegen die Zahlen jedoch wieder rasant an. Am Sonntag berichteten die Behörden von 21.273 Neuinfektionen – ein neuer Höchststand. Die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion stieg am Sonntag um 128 auf 37.338. Allein in der letzten Woche sind über 750 Todesopfer zu beklagen.

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