Berlinale 2021Berlinale 2021: Ohne Kino, Online, dafür mit Wettbewerb

Berlinale 2021: Ohne Kino, Online, dafür mit Wettbewerb

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Die Kinos sind seit Monaten geschlossen – ihre Betreiber appellieren zum Beginn der Berlinale an die Politik. Die Filmfestspiele zeigen online, was bei einer Wiedereröffnung laufen kann.

Auch wenn die Kinos einen Abend lang leuchten – die Leinwände bleiben dunkel. Die Pandemie sorgt seit Monaten für Stillstand. Zum Beginn der Berlinale appellieren die Betreiber an die Politik: „Gebt uns eine Öffnungsperspektive.“ Den Kinofilm bewerben, das ist auch eine Aufgabe der Filmfestspiele Berlin. Doch das ganze schöne Treiben hat vorerst wenig Wirkung. Am Potsdamer Platz fehlen die Fotografen, es fehlen die Schlangen am Ticketschalter, die Journalisten und das hektische Gerenne. Stattdessen findet eines der wichtigsten Filmfestivals der Welt vorerst nur online statt. Die Leitung musste wegen der Pandemie umdisponieren – erst im Juni ist ein Festival fürs Publikum geplant.

Seit Montag läuft ein digitaler Branchentreff. Fachleute und Journalisten können in einem Internetportal Filme abrufen, manche Produktionen wurden auch nur vorab mit Sicherheitsregeln im Kino gezeigt. Die Berlinale zeigt die Ware, die irgendwann im Kino laufen soll.
Was also erwartet Filmfans in der Zukunft? Im Wettbewerb der Berlinale laufen mehrere deutsche Produktionen. Zum Beispiel die Tragikomödie ‚Ich bin dein Mensch‘ von Maria Schrader. Nach ihrer Netflix-Serie ‚Unorthodox‘ stellt sich die Filmemacherin nun der Frage, ob wir uns auch in einen Roboter verlieben könnten. Und zwar in einen perfekt programmierten. Die Geschichte: Alma (Maren Eggert) lässt sich auf ein Experiment ein. Die Wissenschaftlerin am Berliner Pergamonmuseum lebt für Forschungszwecke einige Zeit mit einem humanoiden Roboter namens Tom zusammen (‚Downton Abbey‘-Star Dan Stevens). Die Begegnung mit der künstlichen Intelligenz steuert auf die gewichtige Frage zu, was einen Menschen zum Menschen macht. „Du bist eine wunderschöne Frau, Alma“, sagt der Roboter beim Kennenlerngespräch in einem Tanzlokal. „Deine Augen sind wie zwei Bergseen, in denen ich versinken möchte.“ Alma guckt bei diesen Worten irritiert und zieht ihre Hand weg. Tom legt den Kopf schief. „Magst du es nicht, wenn man dir Komplimente macht?“, fragt er. Und sie entgegnet: „Glaubst du an Gott?“ Die Story ist mit feinem Humor durchsetzt und entwickelt eine ziemliche Spannung. Denn gegen alle Vernunft verliebt sich Alma in Tom. Der Film spiegelt damit ein Dilemma menschlicher Existenz: die nie wirklich zu schaffende Vereinigung von Vernunft und Gefühl. In einer Nebenrolle ist Sandra Hüller (‚Toni Erdmann‘) zu sehen.
Der Film gehört zu den 15 Produktionen, die ins Rennen um den Goldenen Bären gehen. Dabei sind auch das Regiedebüt von Schauspieler Daniel Brühl, der neue Film der Französin Céline Sciamma und eine Literaturverfilmung von Dominik Graf. Er ist für anspruchsvolle TV-Krimis und Kinofilme bekannt. Mit ‚Fabian oder Der Gang vor die Hunde‘ hat Graf sich einen Roman von Erich Kästner vorgenommen. Die Handlung im Film folgt weitgehend der Vorlage: Der Germanist Jakob Fabian (Tom Schilling) stolpert im Jahr 1931 durch Berlin – vor allem durch das Nachtleben der Metropole. Er verliebt sich in die angehende Schauspielerin Cornelia (Saskia Rosendahl) und erlebt etliche Schicksalsschläge. Im Hintergrund erstarkt währenddessen der Nationalsozialismus.
Graf bebildert die Geschichte mit einer schillernden Balance von Effekt und Ekel, mit wackeligen Kameraaufnahmen und Einblendungen historischer Aufnahmen. Kästners Buch zeichnet eine Ironie aus, eine Leichtigkeit des Tons noch in dramatischsten Momenten; sein Können, die Schrecken der Welt mit Humor zu entlarven, geht in der Verfilmung etwas verloren.

Dass es an interessanten Filmen derzeit nicht mangelt, erzählen auch Kinobetreiber immer wieder. Viele Produktionen hängen in der Warteschleife. Die Berlinale bietet nun gezwungenermaßen online einen Filmmarkt für die Branche an. Dass aber auch der Wettbewerb jetzt schon stattfindet, halten nicht alle für die beste Idee. Den Kinos, so meinen manche, wäre mehr geholfen, hätte man das alles im Sommer veranstaltet. Dann immerhin ist ein Festival mit Publikum geplant. Vorausgesetzt, die Kinos sind dann wieder offen.

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