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Constantin-Chef über halbleere Kinos und wichtige Hilfen für die Kinobranche

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Nach und nach öffnen die Filmtheater wieder, am Montag auch in Bayern. Das freut auch Constantin-Chef Martin Moszkowicz. Trotzdem braucht die Filmbranche dringend Hilfe, sagt er. Für viele Krimi-Fans hat er zudem eine enttäuschende Nachricht.

Der neue ‚James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben‘, die Realverfilmung der Zeichentrickklassikers ‚Mulan‘ oder der Pferdefilm ‚Ostwind – Der große Orkan‘ – drei Filme, die in den vergangenen Wochen viele Zuschauer in die Kinos gelockt hätten. Doch wegen Corona waren die Filmtheater geschlossen. Jetzt geht es langsam wieder los, mit Sälen, die oft nicht mal halbvoll sind. Und mit einer sehr übersichtlichen Filmauswahl. Wie soll das weitergehen? Darüber macht sich auch Martin Moszkowicz Gedanken, Chef der Produktionsfirma Constantin Film in München. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur berichtet der 62-Jährige von Risiken und Chancen seiner Branche, die allmählich aus der Corona-Starre erwacht.

Wochenlang waren die Kinos in Deutschland geschlossen, die Menschen vergnügten sich zu Hause mit diversen Streaming-Anbietern. Und Filme, die eigentlich fürs Kino gedacht waren, liefen plötzlich bei Netflix & Co.. Geben Sie dem Kino noch eine Chance?

Moszkowicz: „Ich glaube hundertprozentig, dass die Menschen Kino gerne erleben wollen. Das Kino hat eine ganz besondere Position unter allen Möglichkeiten, wie man Kunst und Unterhaltung konsumieren kann. Aber es muss möglich sein, ein Kino vernünftig zu betreiben. Wir erwarten nicht, dass die Kinos jetzt genauso aufmachen können, wie vor der Krise. Aber bei den aktuellen Auflagen arbeiten sie mit 15 bis 20 Prozent ihrer Sitzplatzkapazität. Da werden viele Kinos Pleite machen. Die können so nicht kostendeckend arbeiten. Ich hoffe sehr, dass man da noch nachjustieren wird.“

Ist das unter diesen Bedingungen für die Verleiher überhaupt interessant, momentan neue Filme starten zu lassen?

Moszkowicz: „Kinofilme benötigen eine Atmosphäre, denken Sie zum Beispiel an unsere sehr erfolgreiche Eberhofer-Reihe nach den Bestsellern von Rita Falk – da ist echte Volksfeststimmung in den Kinos. Unter den aktuellen Vorgaben ist es schlicht nicht möglich, den neuen Film wie geplant im August zu starten, daher werden die Kinofans leider noch länger auf ‚Kaiserschmarrndrama‘ warten müssen. Wenn es keine vernünftigen Kapazitäten in den Kinos gibt, wird es keine vernünftigen Filme geben, die starten. Und wenn keine guten und erfolgreichen Filme starten, können die Kinos nicht überleben.“

Mittlerweile gibt es Hilfen für die Kinos, trotzdem fürchten viele um ihre Existenz, vor allem kleine Häuser. In Stuttgart steht sogar der große Ufa-Palast vor dem Aus, in Berlin das Colosseum Kino. Wie soll das weitergehen?

Moszkowicz: „Unterstützung ist dringend notwendig, und zwar für alle Kinos, unabhängig von der Anzahl der Leinwände. Es geht nicht nur um das kleine Kino um die Ecke, es geht auch um die großen Häuser. Das sind Begegnungsstätten für Menschen, da kann man Kino erleben. Diese Filmtheaterkultur muss erhalten bleiben. Das sind unterschiedliche Ansätze und Zielgruppen. Die großen Häuser treiben das Geschäft voran. Wenn sie nicht in der Lage sind, wirtschaftlich vernünftig aufzumachen, wird es keine Filmstarts geben und dann werden die Kinos nicht überleben können.“

Inzwischen wird auch wieder gedreht – unter strengen Hygienevorschriften. Wird es da überhaupt noch Liebesszenen geben?

Moszkowicz: „Bei den Produktionen, wo wir den Mindestabstand zwischen Akteuren von 1,50 Metern nicht einhalten können, testen wir die Darsteller einige Tage vor den Dreharbeiten und dann regelmäßig. In Zukunft wird es da auch vor Drehbeginn eine Quarantäne geben, ähnlich wie bei der Bundesliga. Aber die Arbeit unter Corona-Bedingungen ist schon extrem mühsam und anstrengend. Vor allem für die Crew, die am Drehort mit Gesichtsmasken und unter strengen Hygienerichtlinien arbeiten muss.“

Und wenn dann doch ein Corona-Fall am Filmset auftritt? Wer zahlt, wenn deshalb alles zum Erliegen kommt?

Moszkowicz: „Die Versicherungen schließen Epidemie-Risiken aus, wobei bisher noch nicht gerichtsmäßig entschieden wurde, ob diese Klauseln wirksam sind. Wir brauchen aber einen funktionierenden Versicherungsschutz für die Produktionen. Dazu sprechen wir mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters über einen staatlich verbürgten Ausfallfond. Ich hoffe, dass wir hier schnell zu einer Regelung kommen.“

Freuen Sie sich auf Ihren ersten Kinobesuch?

Moszkowicz: „Sobald ich mir eine Karte kaufen kann, bin ich da. Gleichzeitig finde ich es faszinierend, was mit den Autokinos passiert. Wir hatten bis zur Coronakrise in Deutschland vier oder fünf Autokinos, inzwischen gibt es über 400. Ich finde es wunderbar, dass eine Kinoform, die aus den 1950er Jahren kommt, so ein Revival erlebt. Die Leute klatschen per Lichthupe, ich finde das großartig. Daran kann man sehen, wie groß die Sehnsucht ist, wieder ins Kino gehen zu dürfen. Aber jetzt ist erst mal die Frage, wie kriegen wir die regulären Kinos auf und wie schaffen wir es, dass denen nicht die Luft ausgeht.“

Martin Moszkowicz ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender der Constantin Film in München. Seit dem vergangenen Herbst leitet der 62-Jährige zudem den Studiengang Produktion und Medienwirtschaft an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Der Münchner war an der Produktion von mehr als 300 Filmen beteiligt, darunter ‚Fack ju Göhte‘, ‚Das Parfum‘ oder ‚Er ist wieder da‘.

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