Bellende Hunde beißen doch
‚Dogs of Berlin‘ – ein weiteres maßgeschneidertes Produkt für den Endkonsumenten aus dem Hause Netflix.
Also vorweg; wer tiefgründiges erwartet wird enttäuscht.
Dafür bietet die 10 Episoden umfassende Serie von Christian Alvart alles was man an eine deutsche Gangster-Serie erwarten kann:
Verzweifelte Mütter und nackte Tatsachen (die zwei weiblichen Hauptrollen müssen mindestens einmal nackt dargestellt sein), das Klischee des Jugendlichen der (natürlich) Rapper werden will, die Kriminellen sind Ausländer und die Deutschen (Ostdeutsche sowieso) Nazis.
Hier macht es sich Alvart zu leicht. Dabei ist die Welt eben alles andere als schwarz-weiß.
Aber dahinter steckt ein Konzept;
Christian Alvart packt ein heikles und aktuelles Thema an. Es geht um Identität. Speziell der türkischen und deutschen. Was heißt es Deutsch zu sein. Wie integriert sind (Deutsch-)Türken in Deutschland.
Es geht um das multikulturelle Leben, speziell in der Hauptstadt. Ebenso um Rassismus, Armut, Perspektivlosigkeit.
Was ebenfalls nicht fehlen darf; die (scheinbar) Heile Welt, deren Fassade langsam anfängt zu bröckeln.
Berlin ist ein Pulverfass. Und wenn dann der Satz fällt: „…haben wir hier einen Rassenkrieg.“ dann muss man erstmal schlucken? Ernsthaft? Ja, Alvart meint es ernst.
Allein in den ersten beiden Folgen verpackt der Showrunner alle nur erdenklichen Themen die gerade aktuell sind; Von Rassismus, einem bekannten türkischen Fußballspieler der aus der Nationalelf „ausscheidet“, Multikulti, vom braunen Sumpf, zunehmender Armut, Drogen, Mafia, Berlin als Moloch, Kriminalität, Wettskandal u.v.m.
Der Zuschauer wird regelrecht überschüttet mit einer Fülle von selbstgewählten Themen der Serie. Es ist gar nicht möglich tiefer in diese Geschichten einzutauchen. So bleibt es oft bei Oberflächlichkeiten und Andeutungen, nach dem Prinzip so viel wie möglich in die Serie zu integrieren. Hauptsache es wurde erwähnt.
Zu viel des Guten, möchte man meinen.
Also um was geht es nun eigentlich?
Eigentlich ist ‚Dogs of Berlin‘ eine düstere Kriminalgeschichte.
Aber eben nicht nur, wie man schnell feststellen wird. Dann stürzen die oben genanntem Thematiken über einen herein. Die Suche nach dem Mörder, so beginnt schließlich die Geschichte, rückt zunehmend in den Hintergrund.
Berlin wird als eine dreckige, fast perspektivlose Stadt dargestellt, wo man eigentlich nur weg will.
Die berüchtigten Berliner Clans die die Stadt unsicher machen, jeden kaufen können und in fast alle illegalen Geschäfte verwickelt sind.
‚Dogs of Berlin‘ erzählt von Macht und Machtmissbrauch. Von Respekt, gescheiterten und vorgegebenen Existenzen und von Kinderarmut.
Wohin das letztlich führt wird sich zeigen.
Die ersten Folgen lassen bisher einen klaren Fokus vermissen.
Fakt ist aber das die Serie zunehmend an Spannung gewinnt.
Auch die oft sehr eindringliche Atmosphäre kommt an.
Und ‚Dogs of Berlin‘ ist hart. Nicht nur vom Gewaltpotenzial.
Vor allem wenn es um Kinder geht und Alvart schonungslos die überforderte Mutter (Anna Maria Mühe) zeigt, die ihrem Säugling keine ausgewogene und gesunde Ernährung bieten kann. Das ist hart anzusehen. Dagegen sind die Auseinandersetzungen zwischen den Gangstern leichte Kost.
Der Cast
Stark gespielt ist die Serie, und das ist ihr größter Pluspunkt, allemal. Fahri Yardim glänzt als Ermittler Erol Birkan, der sich ständig zwischen zwei Welten bewegt.
Felix Kramer als späterer Partner Yardims, Kurt Grimmer, dessen dunkle Vergangenheit stets präsent ist.
Anna Maria Mühe als einsame Mutter, gefangen im Teufelskreis von Armut und Perspektivlosigkeit.
Katrin Saß als Großmutter die man niemanden wünscht und Katharina Schüttler die als Mutter und Ehefrau von Felix Kramer verzweifelt die Unterstützung ihres Mannes sucht, aber letztlich doch alleine dasteht.
Alle zehn Folgen von ‚Dogs of Berlin‘ sind ab dem 7. Dezember 2018 auf Netflix verfügbar.