Regie: Philip Martin
Cast: Helen Mirren, Jason Clarke, Rory Kinnear, Gina McKee
GB 2019
200 Minuten
Vierteilige Serie
Jüngst gab es erst für Helen Mirren eine Golden Globe Nominierung für ihre Darstellung der Katharina der Großen in ‚Catherine the Great‘.
Und das sicherlich verdient. Denn Mirren spielt stark. Nach außen präsentiert sich die Zarin stets als starke Frau, doch Katharina war auch von großer Unsicherheit geprägt, diese spiegelt Helen Mirren durch ihren Gesichtsausdruck und Spiel mit den Augen eindrucksvoll wider. Ohne Worte erzählt sie viel über den Gemütszustand der großen Katharina.
Umgeben von Männern, war die letzte Königin/Zarin Russland gezwungen, jede Unsicherheit zu verbergen.
Das vierteilige Historiendrama ist generell gut besetzt und gespielt. Jason Clarke als ihr Liebhaber Potemkin, oder Gina McKee als Countess Praskovya am königlichen Hof.
Problem nur ist, dass diese Nebencharaktere viel zu kurz kommen. Ansätze von Handlungssträngen zu deren Wirken am russischen Königshof wird nicht nachgegangen.
Der Fokus liegt vielmehr auf den beiden Hauptakteuren Mirren und Clarke.
Das aufwendige vierteilige Historiendrama ist wider Erwarten aber kein Historienepos rund um das Russische Reich. Vielmehr ein persönliches Liebesdrama. Thematisiert werden nämlich vor allem das ausschweifende Liebesleben am Hofe. Das der Zarin inklusive. Man kann davon ausgehen, das dieses gerade von den Männern in Katherinas Umfeld viel wilder beschrieben wurde als es tatsächlich war. Die Mini-Serie befasst sich hauptsächlich auch damit, mit wem Katharina gerade ins Bett geht, oder wie viele Geliebte Potemkin (Jason Clarke) unterhält. Im Kern aber zeichnet die Serie die Beziehung zwischen Katherina die Große und Potemkin, ihrem treuen Soldaten und Liebhaber. Eine große, starke Liebe. Doch sie wird stetig auf eine harte Probe gestellt. Durch diverse Machtspielchen am Hofe – denn die (männlichen) Feinde der Königin im eigenen Umfeld sind zahlreich. Eine Frau an der Spitze der Macht – für viele nicht akzeptabel.
Thematisch also brisant und mit viel Stoff für diese Serie. Doch leider wird dies nicht ausgeschöpft. Generell kommen politische Themen und innenpolitische Auseinandersetzungen viel zu kurz. Eine Art Geschichtsstunde wird dem Zuschauer daher weniger geboten. Etwa der russisch-osmanische Krieg. Ohne Vorwissen wird es schwer sein dem folgen und das Ganze einordnen zu können. Der Auslöser dieses Konfliktes wird auch nur am Rande erwähnt. Genauso das Verhältnis zu Europa. Katharina, geborene Preußin, hegte stets ein Misstrauen gegenüber ihres Heimatlandes. Warum dem so ist, erfährt man erst als Nebennotiz in der vierten Episode. Leider etwas zu spät und zu kurz.
Der innere Kampf Katharinas mit sich selbst und ihrer Situation steht hierbei im Mittelpunkt. Da hat zweifelsohne seine Faszination. Mirren ist als Katharina absolut sehenswert. Nur fehlt es zu oft an Erklärungen geschichtlicher Natur und menschlich. Die Zusammenhänge von Familie, Politik, diversen Machtverhältnissen entschließt sich dem Zuschauer kaum.
So lässt ‚Catherine the Great‘ viel Potenzial liegen.
Zum Beispiel die Verstrickungen und Ambitionen des Sohnes von Katharina, Prinz Paul (Joseph Quinn), um dessen Thronfolge bietet allein reichlich Erzählstoff. Zwar wird dieses immer wieder thematisiert, kratzt aber letztlich eher an der Oberfläche. Gerne würde man mehr über die Auswirkungen der geführten Kriege, über Politik oder vor allem über die Nebencharaktere erfahren. Doch vielmehr als ein Historiendrama ist ‚Catherine the Great‘ ein persönliches Liebesdrama geworden. Was auch wie beschrieben ohne Zweifel Unterhaltungswert hat.
Am Ende erkennt man eben dessen Potenzial, und sieht es nicht vollends ausgeschöpft.
Trotzdem ist ‚Catherine the Great‘ eine sehenswerte Serie, auch, weil es ein sehenswertes Kostümdrama ist.
Denn die Kostüme sind großartig. Ebenso das Setting. Der Palast und die Außenanlagen der Zarin, wo sich ein Großteil der Serie abspielt, sind überwältigend.
Wenige Szenen, aber nicht weniger anmutend, spielen sich auf dem Schlachtfeld ab, rund um Potemkins Eroberungszüge.
Visuell wie Schauspielerisch ist hier großes gelungen. Nur inhaltlich mit viel Luft nach oben. Wer sich für Liebeleien am Königshof interessiert, für Kostüme und auf schicke Paläste steht, kann getrost eintauchen. Nur viel Neues aus der Zeit und dem Wirken der Zarin erfährt man nicht. Auch wenn der eine oder andere Vortrag Katharinas, etwa über die Sklaverei, anderes verspricht. Leider wird das aber nicht weiterverfolgt.
Zum Glück aber kann Mirren den Zuschauer in ihrem Spiel fesseln.
Das allein ist sehenswert.
Ab 29. November 2018 auf DVD/Blu-ray