Zum passenden Zeitpunkt – vor den US-Präsidentschaftswahlen – kommt die ‚Irresistible – Unwiderstehlich‘ in die Kinos. Mit Steve Carell als Politstrategen im ländlichen Amerika. Eine fast wahre Politsatire.
Jon Stewart kennt sich mit Politik und Comedy bestens aus. 16 Jahre lang moderierte der US-Komiker im amerikanischen Fernsehen die ‚Daily Show‘. In der Satire-Nachrichtensendung rechnete er vor allem mit konservativen Medien und rechter Politik ab. Donald Trump, der 2015 seine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten erklärt hatte, war damals liebstes Spott-Ziel des bissigen Moderators. Stewart nahm in dem Jahr von der ‚Daily Show‘ Abschied und wechselte als Regisseur hinter die Kamera.
Nun kommt mit ‚Irresistible – Unwiderstehlich‘ sein zweites Regiewerk in die Kinos, perfekt getimt mit Trumps zweitem Antritt bei den US-Präsidentschaftswahlen im November. Für die Politsatire holt Stewart den Star-Komiker Steve Carell (‚Battle of the Sexes‘, ‚The Big Short‘, ‚Jungfrau (40), männlich, sucht…‘) vor die Kamera. Carell spielt Gary Zimmer, einen Top-Berater der Demokratischen Partei, der nach der Wahlniederlage von Hillary Clinton gegen Trump eine neue Strategie versucht. Wie ist das konservative Amerika im Herzen des Landes für liberale Ideen zu gewinnen? Da kommt der pensionierte Soldat und Farmer Colonel Jack Hastings (Chris Cooper) in dem (fiktiven) Kaff Deerlaken im ländlichen Wisconsin gerade recht.
Ein Video, in dem sich der hemdsärmelige Jack gegen den erzkonservativen Bürgermeister für Immigranten stark macht, geht viral. Gary jettet aus Washington ein und kann den Landwirt davon überzeugen, selbst als Bürgermeister zu kandidieren. Gary, der Jacks Kampagne professionell managen will, quartiert sich im Gasthaus von Deerlaken ein und lernt schnell die erste Lektion. Wie denn das WLAN-Passwort lautet, fragt er den Wirt. ‚Good Luck‘, viel Glück damit, so die lapidare Antwort. Internetanschluss gibt es leider nicht. Solche harmlosen Szenen sind anfangs noch amüsant, doch ‚Irresistible‘ verfällt rasch in abgedroschene Klischees.
Mit der Ankunft von Garys Erzfeindin in Deerlaken, der gestylten Faith Brewster (Rose Byrne), wird das noch schlimmer. Die skrupellose Republikanerin schmeißt den Wahlkampf für die Konservativen. Bald wimmelt es in dem Ort von Kampagnen-Helfern, Kamerateams und rivalisierenden Spendengebern. Jon Stewarts wohlgemeinte Absichten sind offensichtlich. Es sollte wohl ein bissiger Kommentar zum Wahlkampf ‚Made in America‘ sein, der von mächtigen Geldgebern und Medienhype bestimmt wird. Doch leider überfrachtet er die Satire mit den persönlichen Fehden der Hauptakteure. Es ist somit mehr banale Komödie, als ein entlarvender Blick auf das politische System. Oscar-Preisträger Chris Cooper (‚Adaption – Der Orchideen-Dieb‘) kommt als bodenständiger Farmer noch am besten weg, seine Tochter Diana (Mackenzie Davis aus ‚Terminator: Dark Fate‘) sorgt am Ende des Films für eine Überraschung. Doch das macht die Defizite von ‚Irresistible – Unwiderstehlich‘ nicht wett. Von dem cleveren ‚Daily Show‘-Veteranen Stewart hätte man in diesen politisch und gesellschaftlich aufrüttelnden Zeiten mehr Tiefgang erwartet.
‚Irresistible – Unwiderstehlich‘ – ab 6. August 2020 im Kino